Unterschätzt, unterfordert, überarbeitet, unterbezahlt – und irgendwann weg
Unzufriedenheit kommt selten über Nacht. Mitarbeitende kündigen innerlich lange, bevor sie das Gespräch mit ihrer Führungskraft suchen. Und die Gründe? Die sind vielfältig – aber oft überraschend menschlich:
- Sie fühlen sich in ihrer Rolle nicht richtig eingesetzt.
- Sie sind unterbezahlt, leiden unter großer Arbeitslast oder haben das Gefühl, übersehen zu werden.
- Sie sehen keine Entwicklungsperspektive.
- Ihre Stärken werden nicht erkannt oder genutzt.
- Sie fühlen sich nicht gesehen, nicht verstanden – schlicht: nicht wertgeschätzt.
Das gilt übrigens auch für Führungskräfte selbst. Viele erleben, dass sie längst bereit für den nächsten Karriereschritt wären, aber nicht gehört oder entsprechend entlohnt werden. Status, Anerkennung und Zugehörigkeit sind zentrale Bedürfnisse – und wenn diese dauerhaft unerfüllt bleiben, geht die innere Bindung verloren.
Mitarbeiterbindung ist Beziehungsarbeit
Bindung entsteht dort, wo Menschen sich entfalten können. Wo sie Wirkung in ihrem Handeln und ihrer Arbeit spüren. Und wo sie auf Augenhöhe mitgestalten dürfen. Unternehmen, die eine echte Bindungskultur etablieren möchten, müssen den Fokus von Kontrolle auf Entwicklung verlagern.
Das heißt konkret:
- Lernen und Entwicklung müssen Teil der Unternehmenskultur sein.
- Führung heißt nicht: beurteilen und verwalten. Führung heißt: Entwickeln, begleiten, ermutigen und positive Herausforderungen mit klaren Zielen vereinen.
- Fehler zugeben ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut. Eine gesunde Fehlerkultur ist Voraussetzung für Innovation.
- High Potentials erkennt man nicht lediglich am Status Quo, vielmehr am Potenzial, das sich entfalten darf.
Was Mitarbeitende wirklich bindet
Menschen bleiben dort, wo sie gesehen werden. Wo sie ihre Stärken einsetzen können, wo sie in einer positiven, konstruktiven Kultur arbeiten, und wo sie nicht nur für das Unternehmen arbeiten, sondern mit ihren Kolleg:innen und Führungskräften gemeinsam an sinnvollen Zielen.
Es geht um:
- sinnvolle Arbeit: die Chance, das zu tun, was man gut kann und was gebraucht wird
- Anerkennung: für die Leistung, aber auch für die dahinterstehenden Eigenschaften
- Status & Perspektive: Entwicklungschancen, die zur Person passen – und eine entsprechende Wertschätzung in Form von Aufgaben, Verantwortung und Vergütung
- Verbindung: ein gutes Miteinander, das durch Vertrauen, Kommunikation und Verlässlichkeit geprägt ist.
Wenn Bindung fehlt, liegt es selten nur an den Mitarbeitenden
Natürlich gibt es Fälle, in denen Mitarbeitende nicht leisten, was sie sollten. Aber bevor man vorschnell urteilt, lohnt sich der Blick auf die Rahmenbedingungen: Haben sie die Aufgaben, die zu ihnen passen? Wissen sie, wofür sie gebraucht werden? Gibt es eine Vision, die inspiriert? Und: Hat sich jemals jemand ernsthaft dafür interessiert, was diese Person antreibt?
Bindung entsteht durch Beziehung. Und Beziehung braucht Kommunikation – die Fähigkeit zuzuhören, zu verstehen und sichtbar zu machen, was die andere Person ausmacht.
Beispiel aus der Praxis: Zuhören als Wendepunkt
Ich habe in einem meiner vergangenen Fälle erlebt, wie eine Führungskraft erfuhr, dass eine Mitarbeiterin überlegt, zu gehen. Anstatt direkt in Verteidigung oder Aktionismus zu verfallen, suchte sie nach einem Meeting mit ihr das Gespräch. Sie hörte ihr zu – wirklich. Sie fasste das Gehörte zusammen, brachte Verständnis auf und formulierte eine Zukunftsvision, in der die Stärken der Mitarbeiterin gezielt eingesetzt wurden. Das Ergebnis: Die Mitarbeiterin blieb – motivierter denn je.
Der Ansatz, den diese Führungskraft anwandte, basiert auf einer einfachen Haltung: Menschen wollen beitragen. Sie wollen ihre Stärken leben, geschätzt werden und einen Unterschied machen. Wer das ermöglicht, bindet und entfesselt gleichzeitig Potenziale.
Handlungsempfehlungen für Führungskräfte
Mein Rat an Sie an dieser Stelle: Wenn Sie wirklich etwas verändern wollen, dann beginnen Sie hier:
- Bauen Sie echte Beziehungen auf. Seien Sie ansprechbar. Interessieren Sie sich. Hören Sie zu.
- Erkennen Sie Stärken an – konkret. Sagen Sie nicht nur „gut gemacht“, sondern: „Ich schätze besonders deine Klarheit in schwierigen Situationen – das hilft unserem Team, auf Kurs zu bleiben.“
- Zeigen Sie Perspektiven auf. Fragen Sie sich: Wo kann diese Person in Zukunft einen echten Beitrag leisten? Und wie können Sie sie dabei begleiten?
- Lernen Sie Selbstführung. Ihre Reaktionen prägen das Klima. Verlässlichkeit, emotionale Intelligenz und klare Kommunikation sind entscheidend.
- Seien Sie mutig, wenn es nicht passt. Auch Loslassen gehört dazu. Bindung bedeutet nicht Festhalten um jeden Preis, sondern Passung herstellen – für beide Seiten.
Bindung braucht Vertrauen – und Vertrauen beginnt bei Ihnen
Die Frage ist nicht, wie Sie Menschen „halten“. Die Frage ist: Wie schaffen Sie ein Umfeld, in dem sie freiwillig bleiben wollen? Mitarbeiterbindung gelingt nicht durch Benefits oder Boni. Führung, die Beziehung ernst nimmt, das ist der entscheidende Punkt. Durch Entwicklungsmöglichkeiten, die an Stärken anknüpfen. Und durch Kommunikation, die Vertrauen schafft. Denn am Ende bleiben Menschen dort, wo sie wirken können – und gesehen werden.
Sie möchten Ihre Mitarbeitenden wirklich für Ihre Ziele gewinnen? Wenn Sie Unterstützung suchen, melden Sie sich gerne für ein unverbindliches Gespräch!